Einführung
Die Türkei entwickelt sich zu einem attraktiven Einwanderungsziel für Menschen, die in einem neuen Land leben und arbeiten möchten. Statistisch gesehen haben im Jahr 2020 fast 123.000 Personen aus 165 Ländern eine Arbeitserlaubnis beantragt, das ist mehr als achtmal so viel wie im Jahr 2009.
Die Regierung hat im August 2016 ein völlig neues Gesetz eingeführt, das neue Konzepte und Verfahren in Bezug auf die Antragsphase und die Bewertungskriterien enthält.
Erfordernis einer Arbeitserlaubnis
Ausländische Personen müssen eine Arbeitserlaubnis einholen, bevor sie in der Türkei eine Arbeit aufnehmen¹ , es sei denn, sie sind aufgrund besonderer Vorschriften oder internationaler Verträge von dieser Pflicht befreit.
Folgende Personen müssen eine Arbeitserlaubnis beantragen;
► Arbeitnehmer,
► Selbstständige Unternehmer,
► Direktoren von in der Türkei ansässigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), die auch Anteile an derselben GmbH halten, und
► Vorstandsmitglieder von in der Türkei ansässigen Aktiengesellschaften (AG), die ebenfalls Anteile an derselben AG halten.
Freigestellte Ausländer
Folgende Personen müssen keine Arbeitserlaubnis beantragen;
► Vorstandsmitglieder von in der Türkei ansässigen Aktiengesellschaften, die ihren Wohnsitz nicht in der Türkei haben,
► Aktionäre von in der Türkei ansässigen Unternehmen, die nicht offiziell eine Führungsposition in dem Unternehmen innehaben, und
► Grenzüberschreitende Dienstleistungserbringer² , die sich weniger als 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen in der Türkei aufhalten.
Nichtsdestotrotz müssen diese Personen, die in diesen Bereich fallen, eine "Freistellungsbescheinigung" beantragen, bevor sie in der Türkei arbeiten können.
Arten von Arbeitserlaubnissen
I. Reguläre Arbeitserlaubnis
Grundsätzlich wird eine Arbeitserlaubnis für einen begrenzten Zeitraum erteilt, die Verlängerung unterliegt bestimmten anderen Vorschriften. Eine reguläre Arbeitserlaubnis wird bei der ersten Beantragung für maximal 1 Jahr erteilt.
Reguläre Arbeitserlaubnisse können beim ersten Verlängerungsantrag um maximal 2 Jahre und bei Folgeanträgen um maximal 3 Jahre verlängert werden. Jedoch können Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verlassen haben und für einen anderen Arbeitgeber arbeiten, keinen Gebrauch von den hier erwähnten längeren Verlängerungsfristen machen.
II. Unbefristete Arbeitserlaubnis
Eine unbefristete Arbeitserlaubnis kann Ausländern erteilt werden, welche seit 8 Jahren im Besitz einer Arbeitserlaubnis sind oder eine langfristige Aufenthaltserlaubnis besitzen.
Die unbefristete Arbeitserlaubnis gewährt Ausländern die gleichen Rechte und den gleichen Status wie türkischen Staatsbürgern, mit Ausnahme von;
►Recht, zu wählen und sich um ein öffentliches Amt zu bewerben,
►Recht, als Beamter angestellt zu werden,
►Pflicht zum Militärdienst,
►Andere Beschränkungen, die in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen festgelegt sind, wie z. B. die Beschränkung beim Erwerb von Immobilien in bestimmten Gebieten.
III. Türkis-Karte (‘’Turquoise Card’’)
Ähnlich wie die Green Card in den USA und die Blue Card in der EU bietet die Türkis-Kart hochqualifizierten Personen eine umfassende Möglichkeit, in der Türkei zu arbeiten und zu bleiben.
Die Türkis-Karte kann als eine besondere Form einer unbefristeten Arbeitserlaubnis bezeichnet werden. Die Karteninhaber dürfen in der Türkei ohne zeitliche Begrenzung arbeiten, während ihr Ehepartner und ihre Kinder automatisch eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten.
Personen, die über einen soliden Bildungs-, Berufs- oder wissenschaftlich- akademischen Hintergrund verfügen, sowie Investoren, die einen bedeutenden Beitrag zur türkischen Wirtschaft leisten können, sind berechtigt, die Türkiskarte zu erhalten.
Die Türkis-Karte wird zunächst für eine Übergangszeit von 3 Jahren ausgestellt. Vor Ablauf dieser Frist wird sie auf Antrag des Karteninhabers in eine dauerhafte Türkis-Karte umgewandelt. Der Antrag auf die dauerhafte Türkis-Karte muss innerhalb von 180 Tagen vor Ablauf der ursprünglichen Karte gestellt werden. Andernfalls wird der Antrag abgelehnt und die Karte annulliert.
IV. Besondere Arbeitserlaubnis
Bei der besonderen Arbeitserlaubnis hat die Regierung einen flexiblen Handlungsspielraum im Bezug auf die Erteilung von Arbeitsgenehmigungen für bestimmte Gruppen von Personen. Diese Personen unterliegen einem weniger strengen Antragsverfahren, weniger strengen Bewertungskriterien und erhalten eine Arbeitserlaubnis zu günstigeren Bedingungen, insbesondere hinsichtlich der Dauer.
Ausländer, die einen der folgenden Status haben, können diese Sonderregelungen für die Arbeitserlaubnis in Anspruch nehmen;
► EU-Bürger,
► Hochqualifizierte Fachkräfte,
► Hochqualifizierte Investoren,
► Grenzüberschreitende Dienstleistungserbringer,
► Ehegatten türkischer Staatsbürger,
► Personen türkischer Abstammung,
► Mitarbeiter eines Projekts (z. B. Bau, Infrastruktur usw.), das in der Türkei durchgeführt werden soll,
► Flüchtlinge und Opfer von Menschenhändlern,
► Beamte ausländischer Staaten oder internationaler Organisationen ohne diplomatische Immunität,
► International anerkannte Wissenschaftler, Künstler und Sportler, und
► türkische Zyprioten.
Antragsverfahren
Vorabgenehmigung
Für Ausländer, die Dienstleistungen im Gesundheits- oder Bildungsbereich erbringen, ist eine vorherige Genehmigung erforderlich. Die für die vorherige Genehmigung zuständigen Behörden sind das Gesundheitsministerium und das Ministerium für Bildung.
Erstantrag
Das Ministerium für Arbeit und Soziale Sicherheit ist die zuständige Behörde für die Erteilung von Arbeitsgenehmigungen. Das Antragsverfahren ist ein mehrseitiger und mehrstufiger Prozess, der sowohl von der beschäftigenden Einrichtung als auch von der ausländischen Person durchgeführt wird.
Ausländische Personen können den Antrag entweder vom Ausland aus oder bei Anwesenheit in der Türkei stellen. Bei Anträgen aus dem Ausland sollte sich der Ausländer an die türkische Botschaft oder das Konsulat in dem Land wenden, dessen Staatsbürger er ist oder in dem er seinen rechtmäßigen Wohnsitz hat. Bei inländischen Anträgen können Ausländer den Antrag jedoch direkt beim Ministerium stellen, sofern sie im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis mit einer Restlaufzeit von mindestens sechs Monaten sind.
Nach dem Erstantrag der ausländischen Person muss das beschäftigende Unternehmen auf das Online-Antragssystem des Ministeriums zugreifen, die Online-Formulare ausfüllen und die Kopien der erforderlichen Dokumente in das Webportal hochladen.
Außerdem muss der Arbeitgeber dem Ministerium innerhalb von 10 Tagen nach der Antragstellung einer ausländischen Person im Ausland auch die Antragsunterlagen in Papierform übermitteln. Im Falle eines inländischen Antrags des Ausländers müssen der Online-Antrag und die Übermittlung der Unterlagen an das Ministerium innerhalb von 6 Tagen erfolgen.
Die erforderlichen Dokumente variieren je nach Branche, Position und Beruf des Ausländers.
Fehlen Unterlagen oder Informationen im Antrag, wird die Prüfung verschoben, bis diese Mängel behoben sind. Die Mängel müssen innerhalb von 30 Tagen nach der Benachrichtigung durch das Ministerium behoben werden. Andernfalls wird der Antrag abgelehnt.
Beurteilung
Das Ministerium prüft die Anträge nach Rücksprache mit den zuständigen Regierungsbehörden und unter Berücksichtigung von deren Erwägungen. Darüber hinaus berücksichtigt das Ministerium bei der Beurteilung eines Antrags bestimmte Aspekte wie die internationale Arbeitskräftepolitik der Regierung, die Art des Unternehmens und des Marktes, die Entwicklungen im Berufsleben, die Veränderungen der sektoralen, geografischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, den Bildungsstand des Antragstellers, den Beitrag des Unternehmens zur Volkswirtschaft und das angemessene Lohnniveau in Abhängigkeit von der Qualifikation und dem Beschäftigungsstatus.
Wichtiger ist, dass das Ministerium vorläufige Kriterien aufstellt, die sowohl von der beschäftigenden Einrichtung als auch von der ausländischen Person erfüllt werden müssen. Die in den Anträgen auf Arbeitserlaubnis geforderten allgemeinen Qualifikationen sind folgende³:
► Mindestens 5 türkische Staatsbürger müssen in dem Unternehmen beschäftigt sein. Ist der Ausländer Aktionär des in der Türkei ansässigen Unternehmens, wird die Anforderung, 5 türkische Staatsangehörige zu beschäftigen, nur für die letzten sechs Monate der Dauer der Arbeitserlaubnis gestellt. Die Anforderung, 5 türkische Staatsangehörige zu beschäftigen, gilt für jeden einzelnen Ausländer.
► Das eingezahlte Kapital des Unternehmens muss mindestens 100.000 TRY betragen. Alternativ muss der Bruttoumsatz mindestens 800.000 TRY pro Jahr betragen oder der Exportumsatz des Vorjahres muss mindestens 250.000 USD betragen.
► Ist ein Ausländer Aktionär eines Unternehmens, so muss er mindestens 20 % der Anteile halten und dieser Prozentsatz muss mindestens 40.000 TRY entsprechen.
► Das vom Arbeitgeber angegebene Monatsgehalt des ausländischen Arbeitnehmers sollte der Position und der Qualifikation des ausländischen Arbeitnehmers entsprechen.
Auf der Grundlage des von der Regierung verkündeten offiziellen Mindestlohns legt das Ministerium Gehaltsschwellen für bestimmte Berufe und Stellen fest. Zum Beispiel;
► Leitende Angestellte und Piloten sollten mindestens das 6,5-fache des Mindestlohns erhalten, und
► Bereichsleiter, Ingenieure und Architekten sollten mindestens das Vierfache des Mindestlohns erhalten.
Die Bewertung der ordnungsgemäß eingereichten Anträge sollte vom Ministerium innerhalb von 30 Tagen abgeschlossen werden.
Anträge auf Verlängerung
Verlängerungsanträge müssen innerhalb von 60 Tagen vor Ablauf der bestehenden Arbeitserlaubnis gestellt werden. Das Antragsverfahren ist dem der Erstanträge recht ähnlich, wenngleich für die Verlängerung weniger Unterlagen vorzubereiten sind.
Wird die Akte nach Ablauf der Arbeitserlaubnis eingereicht, ignoriert das Ministerium die Verlängerungsanträge. In diesem Fall sollten Antragsteller, die ihre Erlaubnis verlängern möchten, die Unterlagen so vorbereiten, als ob es sich um einen Erstantrag handeln würde.
(1) In Fällen, in denen ein Ausländer ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt wird, werden sowohl gegen den Arbeitgeber als auch gegen den Arbeitnehmer Bußgelder verhängt.
(2) Grenzüberschreitende Dienstleister sind ausländische Personen, die sich in der Türkei aufhalten, um eine zeitlich begrenzte Dienstleistung zu erbringen, und als Gegenleistung für die in der Türkei erbrachten Dienstleistungen ein Entgelt aus einer türkischen oder internationalen Quelle erhalten.
(3) Diese Qualifikationen dürfen nicht von Personen verlangt werden, die für die Erhaltung einer besonderen Arbeitserlaubnis in Frage kommen.